Galaxiengruppen, ein photovisuelles Projekt

Teil 3 - Herbsthimmel


von Wolfgang Steinicke


Ich möchte hier die in interstellarum 16 und 17 begonnene Reihe „Galaxiengruppen" [1] mit Objekten für den Herbsthimmel fortsetzen. Grundlage ist mein „Katalog der Galaxiengruppen" (KDG) [2]. Dazu gibt es ein gemeinsames Beobachtungsprojekt der Fachgruppen Deep-Sky und Astrophotographie [3], [4]. Wie immer sind Zeichnungen und Aufnahmen der Objekte willkommen.

 

Vier interessante Gruppen aus dem KDG

Die ersten beiden Gruppen liegen im Pegasus, die beiden anderen in den Fischen bzw. im Wassermann. Die hellsten Galaxien sollten gut mit 8-10" sichtbar sein. Um Strukturen zu sehen, ist natürlich eine größere Öffnung nötig (ab 16"). KDG 206 ist eine Gruppe von 6 NGC-Galaxien im Helligkeitsbereich 12 bis 14mag innerhalb von nur 15'. Wie gewohnt treten hier Identifikationsprobleme auf. KDG 207 ist eine kompakte Dreiergruppe (Galaxien ca. 13mag) in einem Radius von nur 3'. Beide Gruppen liegen nur 5° auseinander, im westlichen Teil des Pegasus (bei a Peg), und sind auf der Karte 213 der Uranometria zu verzeichnet. Die beiden restlichen Gruppen sind quasi „das Letzte", liegen sie doch auf Karte 259 der Uranometria (letzte Karte im Band I). KDG 208 ist ein enges Paar (Abstand 3') etwa 3° NW von g Psc. KDG 209, zwei helle Galaxien im Abstand von 11.4', befindet sich 2° NE von f Aqr. Interessant ist hier eine dritte Galaxie 15' NE, ein bemerkenswertes wechselwirkendes System. Die Daten der Galaxien aus dem NGC/IC [5] habe ich in Tab. 1 zusammengestellt.

 

KDG 206 = Gruppe um NGC 7385/86 (Pegasus)

Die Gruppe (Abb. 1) ist Teil eines Zwicky-Haufens und gehört physikalisch, mit Ausnahme von NGC 7387, zusammen. Die Entfernung beträgt ca. 430 Mill. Lj. (NGC 7387 liegt ca. 50 Mill. Lj weiter im Hintergrund). Die beiden hellsten Galaxien NGC 7385/86 wurden von William Herschel entdeckt und sollten bereits mit 6" sichtbar sein. Die schwächeren (NGC 7383, 7387, 7389 und 7390) erfordern 8". Sie wurden erst von Lord Rosse entdeckt (siehe meinen „History"-Beitrag in diesem Heft). Guide 7 und Uranomtria (bzw. der zugehörige Deep Sky Field Guide) zeigen noch zwei weitere NGC-Objekte: NGC 7384 (östlich von NGC 7383) und NGC 7388 (östlich von NGC 7386). NGC 7384, ebenfalls von Lord Rosse entdeckt, ist aber ein Stern SE von NGC 7384 (s. Abb. 1) und nicht die östlich stehende Galaxie! Dies ist PGC 69819 (B=16.0mag). Auch beim anderen Objekt machen beide denselben Fehler: An der Position von NGC 7388 (von Lord Rosse's Sohn Lawrence entdeckt) ist keine Galaxie! Das Objekt ist lediglich ein schwacher Stern. Neben der bereits erwähnten PGC 69819 befinden sich noch 4 weitere schwache Galaxien im Feld: MCG 2-58-12, MCG 2-58-23, MCG 2-58-24 und PGC 95571. Mit Helligkeiten jenseits der 15. Größe braucht man hierfür mindestens 16". Ich habe die gesamte Gruppe vor Jahren im 14" SCT bei 266x beobachtet aber leider nicht gezeichnet. Ich konnte alle NGC-Galaxien sehen. Der Rest wurde kürzlich im neuen 20" Dobson f/5 bei 350x nachgeliefert. Leider gibt es noch keine Amateur-CCD-Aufnahme - es lohnt sich!




Abb. 1 - POSS I-Aufnahme von KDG 206 mit allen Identifikationen (25' x 20').


KDG 207 = NGC 7463-65 (Pegasus)

NGC 7463 und 7465 wurden von William Herschel entdeckt und sollten bereits mit 8" gut sichtbar sein. Herschel hat die dritte Galaxie NGC 7464, nur 0.7' südlich von NGC 7463, wohl für einen Stern gehalten. Sie wurde erst von Albert Marth (sprich: Mart; denn er war Deutscher) mit Lassell's 48"-Reflektor auf Malta gefunden. In der Tat ist die Galaxie sehr kompakt mit hoher Flächenhelligkeit. Im 14" SCT zeigt sie einen diffusen Rand. Bei meiner Beobachtung (Abb. 2) störte ein wenig der 8.2mag Stern. Alle drei Galaxien gehören zusammen und stehen in ca. 97 Mill. Lj. Sie sind auch im „Atlas of Galaxy Trios" von Miles Paul [6] als Nr. 129 vertreten.

 

 

Abb. 2 - Zeichnung des Autors von KDG 207 (14" SCT, 266x). Galaxien v.r.n.l. NGC 7463, 7464, 7465.

 

KDG 208 = NGC 7537/41 (Fische)

Zunächst handelt es sich hier um ein enges Paar zweier Galaxien 12. bzw. 13. Größe (Abstand 3'), das bereits mit 6-8" angegangen werden kann. Guide 7 zeigt ca. 20' östlich zwei weitere Objekte, NGC 7560 und 7561, allerdings mit einem Fragezeichen versehen. NGC 7537 und 7541 wurden von William Herschel entdeckt, NGC 7560 und 7561 gehen auf das Konto von Hermann Schultz (1823-1890), seinerzeit am Observatorium in Uppsala. Mit dem 9" Refraktor entdeckte er insgesamt 14 NGC-Objekte. Diese beiden erwiesen sich leider als Doppel- bzw. Einzelstern (Abb. 3). Trotzdem finde ich es interessant, auch solche Objekte aufzusuchen, vielleicht kann man ja den Fehler nachvollziehen. Zumindest bei engen Doppelsternen (wie NGC 7560) entsteht oft der Eindruck eines nebeligen Objekts. Bestes Beispiel ist IC 1 im Pegasus [7]. Ich habe das Paar Mitte der 80er Jahre problemlos mit dem 14" SCT beobachtet, leider ohne eine Zeichnung zu machen. Meine Notiz: „enges Paar zweier deutlich elongierter Galaxien". Die Galaxien stehen gemeinsam in ca. 130 Mill. Lj. und harren derweil noch einer CCD-Aufnahme.

 

 

Abb. 3 - POSS I-Aufnahme von KDG 208 mit allen Identifikationen (22' x 8').


KDG 209 = NGC 7576/85 (Wassermann)

NGC 7576/85 sind mit 12ter Größe recht hell und bilden ein weites Paar (11.3'), das problemlos bei mittlerer Vergrößerung bequem ins Feld eines 8 Zöllers passt. Sie stehen in ca. 170 Mill. Lj Entfernung und wurden von William Herschel mit seinem 18.7"-Reflektor entdeckt. Interessant ist eine dritte Galaxie 15' NE von NGC 7585, mit 360 Mill. Lj aber weit im Hintergrund: NGC 7592, ein kollidierendes System, das auch als VV 731 und Mrk 928 bekannt ist (Entdecker: W. Herschel). Mit V=14.2mag sind hier mindestens 12" gefordert. Ich konnte im 14" SCT bei optimalem Seeing beide Kerne getrennt sehen (Abstand 15"). Das System steht momentan auf meiner Wunschliste für den 20 Zöller. Eine CCD-Aufnahme wäre höchst interessant!

 

 

Abb. 4 - Zeichnung des Autors von KDG 209 (8" SCT, 133x). Rechts NGC 7576, links NGC 7585.

 


Abb. 5 - POSS II-Aufnahme des kollidierenden Systems NGC 7592 (3' x 3').



Tab. 1 - Daten der Galaxien

KDG Objekt Rekt (2000) Dekl V a b PW Typ Ura
206 NGC 7383 22 49 35.5 +11 33 23 13.7 0.8 0.7   SB0 213
206 NGC 7385 22 49 54.6 +11 36 27 12.0 1.3 1.1   E 213
206 NGC 7386 22 50 02.0 +11 41 51 12.3 1.8 1.5 180 S0 213
206 NGC 7387 22 50 17.6 +11 38 12 14.0 0.7 0.4 45 S0 213
206 NGC 7389 22 50 16.0 +11 33 58 13.8 1.0 0.9   S? 213
206 NGC 7390 22 50 19.5 +11 31 50 14.1 1.0 0.7 170 S0 213
207 NGC 7463 23 01 51.8 +15 58 53 13.2 3.0 0.6 90 SBb/pec 213
207 NGC 7464 23 01 53.8 +15 58 26 13.3 0.5 0.5   E 213
207 NGC 7465 23 02 00.9 +15 57 53 12.6 1.2 0.8 165 SB0 213
208 NGC 7537 23 14 34.6 +04 29 54 13.2 2.1 0.5 79 Sb-c 259
208 NGC 7541 23 14 43.2 +04 32 02 11.7 3.5 1.2 102 SBc 259
209 NGC 7576 23 17 22.7 -04 43 42 12.9 1.3 0.9 15 S0-a 259
209 NGC 7585 23 18 01.3 -04 39 03 11.4 3.1 2.7 60 S0-a 259
209 NGC 7592 23 18 22.0 -04 25 01 14.2 1.1 0.9   S0-a/pec 259

Literatur

[1] Steinicke, W, Galaxiengruppen, ein photovisuelles Projekt, Teil I, interstellarum 17, S. 29; Teil II, interstellarum 18, S. 35

[2] Steinicke, W., Katalog der Galaxiengruppen, Freiburg 1984

[3] Zum FG-Projekt „Galaxiengruppen" siehe Webseite der FG Deep-Sky (unter „Projekte")

[4] Riepe, P., Wechselwirkende Galaxien, Teil 1, VdS-Journal I/2001, S. 42

[5] Steinicke, W., Revised New General Catalogue and Index Catalogue, Freiburg 2001

[6] Paul, M., Atlas of Galaxy Trios, The Deep Sky Observer (Webb Society), Nr. 122 (2000)

[7] Steinicke, W., Wie wär's mit der Nr. 1, interstellarum 17, S. 39 (2000)